Der Steuerberater als Strafverteidiger – Interessenkonflikt prüfen

Auch Steuerberater können in Steuerstrafverfahren als Strafverteidiger tätig werden, soweit die Finanzbehörde das Strafverfahren selbständig durchführt (§ 392 Abs. 1 Hs. 1 AO). Das ist bei den meisten Steuerstrafverfahren der Fall, so dass im Ausgang nichts dagegen steht, dass ein Steuerberater auch als Strafverteidiger in einem Steuerstrafverfahren auftritt.

Abgesehen davon, ob der Steuerberater sich die Aufgabe zutraut, mit dem Strafrecht umzugehen, muss er prüfen, ob Interessenkonflikte in Betracht kommen. Nach § 6 Abs. 1 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer dürfen Steuerberater nicht tätig werden, wenn eine Kollision mit eigenen Interessen gegeben ist. Solch eine Interessenkollision ist regelmäßig gegeben, wenn der Steuerberater mit der Sache vorbefasst war, also wenn er die im Steuerstrafverfahren beanstandete Steuererklärung oder Steuergestaltung bearbeitet hat.

Im übrigen ist zu bedenken, dass bei einer Vorbefassung auch die Gefahr droht, dass der Steuerberater selbst zum Beschuldigten im Steuerstrafverfahren wird, was bestimmte Privilegien, die ihm die Strafprozessordnung als Verteidiger einräumt, verloren gehen lässt, etwa das Beschlagnahmeprivileg (§ 97 Abs. 2 S. 2 StPO).

Auch bei der Beratung von juristischen Personen und zugleich von deren Organen drohen Interessenkonflikte. Spätestens mit Einleitung eines Strafverfahrens stellt sich die Frage von Pflichtverletzungen und Schadensersatzansprüchen der Beteiligten untereinander. Der Problematik kann auch nicht dadurch ausgewichen werden, dass Mandate kanzleiintern auf einzelne Berufsträger verteilt werden (vgl. § 6 Abs. 2 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer).

Unabhängig von der berufsrechtlichen Problematik wird der Steuerberater als Strafverteidiger auch zum potentiell tauglichen Täter eines Parteiverrats gemäß § 356 StGB, der als Rechtsfolge nur Freiheitsstrafe vorsieht, also keine Geldstrafen.

Geschäftsführer und Straftaten

Geschäftsführer einer GmbH darf nicht sein, wer wegen bestimmter Straftaten verurteilt worden ist. Weil es immer wieder Nachfragen gibt, welche Delikte und welche Zeiträume bedeutsam sind, zähle ich abschließend auf (vgl. § 6 abs. 2 GmbHG):
Geschäftsführer kann nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten
des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),

nach den §§ 283 bis 283d StGB (Insolvenzstraftaten),

der falschen Angaben nach § 82 GmbHG oder § 399 AktG,

der unrichtigen Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 des PublizitätsG

oder

nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

Bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den oben genannten Taten vergleichbar sind, gilt Entsprechendes.

Ablehnung von Beweisanträgen beim Finanzgericht

Finanzgerichte sind sehr zurückhaltend, was die Erhebung von angebotenen Beweisen anbelangt. Der BFH hat in einer Entscheidung vom 23.02.2018 – X B 65/17 – nochmals dargestellt unter welchen Voraussetzungen Beweisanträge nur (!) vom Finanzgericht abgelehnt werden dürfen.
Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn

das Beweismittel nicht entscheidungserheblich ist
das Beweismittel unerreichbar ist
das Beweismittel unzulässig ist
das Beweismittel absolut untauglich ist
die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann

Ein Beweisantrag ist insbesondere nicht ordnungsgemäß gestellt, wenn er unsubstantiiert ist.
Hierzu gehören Ausforschungsanträge. Darunter sind Beweisermittlungsanträge zu verstehen, die so unbestimmt sind, dass erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, zu denen dann in einem weiteren Schritt der eigentliche Beweis zu erheben ist. Dies betrifft Tatsachenbehauptungen, die ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich aus der Luft gegriffen, ins Blaue hinein, also erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden sind.

Parteiverrat und Vergleich

Ein Rechtsanwalt darf in einer ihm anvertrauten Angelegenheit in derselben Rechtssache nicht beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dienen. Sonst macht er sich eines Parteiverrats schuldig (§ 356 StGB).

In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Beschluss vom 21. November 2018 – 4 StR 15/18 – stellt das Gericht klar, dass ein Rechtsanwalt sich wegen Parteiverrats schuldig machen kann, wenn er einen Vergleich entgegen der ausdrücklichen Weisung seines Mandanten schließt.

In dem zu entscheidenden Fall hatte ein Rechtsanwalt mehrere Kläger vertreten, von denen ein Teil einen Vergleichsschluss wollte und ein anderer Teil nicht. Gleichwohl versuchte der Anwalt den Vergleich für alle Kläger zu Stande zu bringen.

An der Entscheidung ist wichtig, dass der Bundesgerichtshof herausarbeitet, dass mit pflichtwidrig ein Widerstreit von Interessen gemeint ist, wobei sich das Interesse am Willen des Mandanten ausrichtet. Der Anwalt hatte geltend gemacht, der Vergleichsschluss habe im wohlverstandenen objektiven Interesse aller seiner Mandanten gestanden. Damit konnte er nicht durchdringen.

Achtung! Auch Strohpersonen haften!

Die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für Steuerschulden der Gesellschaft ist gefürchtet. Sie ist im Einzelnen in den §§ 69 AO i.V.m 34 Abs. 1 AO geregelt.

Das VG München stellt in einer Entscheidung vom 23.10.2018 – 10 S 18.4681 – klar, dass auch der Geschäftsführer – Strohmann – im konkreten Fall – wegen Gewerbesteuerschulden als Haftungsschuldner in Betracht kommt. Die Haftung knüpfe an die formelle Geschäftsführereigenschaft an.

Dieses Urteil festigt lediglich bereits bekannte Rechtsprechung, dennoch empfiehlt es sich für Strohpersonen in geeigneten Fällen zu kämpfen. Vor allem der Hinweis auf die vorrangige Inanspruchnahme des faktischen Geschäftsführers als Haftungsschuldner ist nicht selten erfolgversprechend.

Ist „Dabeisein“ strafbar?

Es kommt nicht selten vor, dass Straftaten aus einer Gruppe heraus begangen werden. Hier stellt sich die Frage, ob sich auch strafbar macht, wer nur dabei ist bzw. daneben steht und die Straftat billigt.

Grundsätzlich ist „Dabeisein“ nicht strafbar, auch bei vollem Einverständnis mit der Straftat. Demgegenüber liegt in solchen Fällen strafbare Beihilfe vor, wenn das „Dabeisein“ die Straftat gefördert oder erleichtert hat. Dessen muss sich der „Dabeistehende“ auch bewusst sein. Das hat der Bundesgerichtshof in einer neueren Entscheidung vom 17.05.2018 – 1 StR 108/18 – nochmals klargestellt.

Hilfe! Mein Lebenspartner handelt mit Drogen!

Leider kommt es immer wieder dazu, dass Wohnungsinhaber feststellen müssen, dass ihre Lebenspartner, die sie aufgenommen haben, mit Drogen handeln, etwa wenn sie größere Mengen eines Rauschmittels in den Wohnräumen finden. Macht sich der Wohnungsinhaber strafbar, wenn er den Drogenhandel, der durch die Aufbewahrung der Rauschmittel in den Wohnräumen erleichtert wird, nicht unterbindet?

Der Bundesgerichtshof hat am 28.06.2018 – 3 StR 106/18 – entschieden, dass keine strafbare Beihilfe geleistet wird, wenn der Wohnungsinhaber nur weiß, dass in seiner Wohnung Betäubungsmittel gelagert, aufbereitet oder vertrieben werden. Unproblematisch ist sogar, wenn er das billigt.

Anders – so der BGH – verhält es sich nur, wenn schon bei der Überlassung der Wohnung Kenntnis davon besteht, dass sie für geplante Rauschgiftgeschäfte genutzt werden soll, also die Aufnahme in die Wohnung nicht allein aus persönlichen Gründen erfolgt.

http://www.ra-schrank.de

Update: Zwischenstaatlicher automatischer Austausch von Daten über Finanzkonten

Am 29. Oktober 2014 haben die Finanzminister von 51 OECD-Partnerstaaten in Berlin ein multilaterales Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen unterzeichnet. Dieses Abkommen begründet Standarts für einen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten. Seit September 2017 wird das Abkommen umgesetzt (siehe auch Finanzkonten – Informationsaustauschgesetz).

Eine Liste der teilnehmenden Staaten findet sich unter:
https://www.bzst.de/DE/Steuern_International/CRS/Allgemeine_Informationen/Allgemeine_Informationen_node.html#TeilnehmendeStaaten

Von den teilnehmenden Staaten werden also nunmehr mit Hilfe von deren Finanzinstituten umfangreiche Kontendaten von in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen an die deutsche Finanzverwaltung übermittelt. Die von den Staaten gemeldeten Daten wurden aus technischen Gründen noch nicht an die zuständigen Landesfinanzbehörden weitergeleitet. Das ist allerdings nur eine Frage der Zeit!

Steuerpflichtige in Deutschland müssen daher prüfen, ob insbesondere bislang unversteuerte Kapitaleinkünfte nachzumelden sind. Dabei ist auch abzuklären, ob eine strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich ist.

Und immer wieder: Strafbarkeit und Rockerkutten

Es ist erstaunlich, wie leidenschaftlich Strafjuristen in den letzten Jahren darüber streiten, welche Kennzeichen von Rockergruppierungen strafbar sind.

Es steht unter Strafe, Kennzeichen von verbotenen Vereinen öffentlich zu verwenden (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG).

In den letzten Jahren wurden insbesondere im Bereich der Hells Angels und Bandidos einzelne Chapter verboten. Das führte dazu, dass Rocker die Kennzeichen des verbotenen Chapters öffentlich verwendeten, allerdings mit einem Ortszusatz eines nicht verbotenen anderen Chapters.

Der Bundesgerichtshof hatte daraufhin entschieden, dass das nicht strafbar sei (BGH, Urt. v. 09.07.2015 – 3 StR 33/15). Der Gesetzgeber hatte diese von ihm so empfundene Strafbarkeitslücke daraufhin geschlossen und genau diese Fallkonstellation unter Strafe gestellt (§§ 9 Abs. 3, 20 Abs. 1 S. 2 VereinG). Nunmehr ist Streit unter den Juristen ausgebrochen, in welchem Umfang die Gesetzesverschärfung anzuwenden oder ob sie gar verfassungswidrig ist.

Das OLG Hamm hat in einer neueren Entscheidung klargestellt, dass die Gesetzesänderung uneingeschränkt anzuwenden ist (Beschluss vom 12.07.2018, 2 Ws 69/18).

Bargeldeinnahmen und moderne PC-Kasse

In bargeldintensiven Branchen, insbesondere in Gastronomiebetrieben, kommt es immer wieder zum Streit zwischen Gewerbetreibenden und dem Finanzamt, in welchem Umfang Bargeschäfte aufgezeichnet werden müssen.

Der Bundesfinanzhof hat im Jahr 1966 entschieden, dass es für einen Steuerpflichtigen unzumutbar ist, jede einzelne Bareinnahme aufzuzeichnen (BFH BStBl. III 1966, 371). Aber: Mittlerweile ist die Technik vorangeschritten. In einer Entscheidung des FG Hamburg vom 13.08.2018 – 2 V 216/17 – wurde beschlossen, dass der Steuerpflichtige sich nicht darauf berufen könne, es sei unzumutbar Bargeschäfte einzeln aufzeichnen, wenn er ein modernes Kassensystem verwendet, das ihm Einzelaufzeichnungen ermöglicht.

Im konkreten Fall konnte der Steuerpflichtige mit seinen Bareinnahmen vom Finanzamt also geschätzt werden.