Unternehmensinterne Ermittlungen und Schutz vor Beschlagnahmen

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die aus einem Unternehmen heraus begangen wurden, sind für das Unternehmen häufig Anlass zu unternehmensinternen Ermittlungen. Hierzu werden häufig Rechtsanwaltskanzleien beauftragt, die ggf. auch Erkenntnisse zu Tage fördern, von denen das Unternehmen kein Interesse haben kann, das sie an die Strafverfolgungsbehörden gelangen.

Das Bundesverfassungsgerichts hat sich nunmehr zur Zulässigkeit von Beschlagnahmen geäußert bei Rechtsanwaltskanzleien, die unternehmensinterne Ermittlungen im Auftrag des Unternehmens, geführt haben (Beschluss vom 27.06.2018 – 2 BvR 1405/17 -).

Die Verfassungsbeschwerden der Volkswagen AG und deren Anwälte aus Anlass von Durchsuchungen und Beschlagnahmen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal waren zwar nicht erfolgreich, aber für die Praxis gilt in Zukunft:

Zu unternehmensinternen Ermittlungen beauftragte Rechtsanwälte genießen Beschlagnahmeschutz (vgl. i.e. § 97 StPO), wenn gegen das Unternehmen ein hinreichender Verdacht für eine durch eine konkrete Leitungsperson begangene Straftat oder die Verletzung einer Aufsichtspflicht besteht.

Aussage gegen Aussage – verurteilt!

Der Irrtum bei einer Konstellation Aussage gegen Aussage könne es keine Verurteilung durch ein Strafgericht geben, ist weit verbreitet. In einem Urteil vom 25. April 2018 – 2 StR 194/17 – hat der Bundesgerichtshof noch einmal klargestellt, dass trotz des Grundsatzes „im Zweifel für den Angeklagten“ eine Verurteilung des Angeklagten möglich ist, wenn „Aussage gegen Aussage“ steht und keine weiteren belastenden Indizien vorliegen. Das Tatgericht muss von der einzigen belastenden Aussage überzeugt sein. Dann darf es auch auf dieser Grundlage verurteilen. Der Bundesgerichtshof betont allerdings, dass der Tatrichter die Aussage einer eingehenden Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen hat.

Es kann nicht überraschen, dass die Entscheidung Fälle von Kindesmissbrauch zur Grundlage hat. In diesen Fällen gibt es häufig nur die Aussage des vermeintlichen Opfers, die den Beschuldigten belastet. Die Aussageentstehung und -entwicklung, die Aussagemotivation sowie die Qualität der Angaben der Belastungszeugin hatten das Landgericht im vorliegenden Fall von der Glaubhaftigkeit der Aussage überzeugt.

Verdachtsanzeige Geldwäsche

Liegen Tatsachen vor, die darauf hindeuten, dass Zahlungsverkehr auf Bankkonten einen Vermögensgegenstand betreffen, der aus einer Straftat stammt, ist die Bank grundsätzlich unverzüglich verpflichtet darüber der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) Meldung zu machen (vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG). Die FIU wertet die Meldungen aus und übersendet sie ggf. an die Staatsanwaltschaft. Dort führt sie in der Regel zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens.

Die Bank darf den Kunden über eine beabsichtigte oder erstattete Meldung nicht informieren (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1). Die Meldung löst eine Transaktionssperre aus (Einzelheiten in § 46 GwG).

Wird die Meldepflicht verletzt, drohen Sanktionen, denn ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig abgibt (§ 56 Abs. 1 Nr. 59 GwG).

Die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen in der Praxis fällt den Banken schwer. Die Banken sind einerseits gehalten, keine Meldungen „ins Blaue hinein“ zu machen, müssen allerdings auch nicht den Anfangsverdacht einer Straftat gemäß § 261 StGB, also einer Geldwäsche, prüfen. Sie sollen – so die Gesetzesbegründung – „ungewöhnliche und auffällige“ Transaktionen melden (BR-Drs. 317/11, 49). Was bedeutet das im Einzelfall?

Oftmals gibt die Bank in Zweifelsfällen, bevor sie eine Meldung herausgibt, dem Kunden Gelegenheit, die Herkunft von Vermögensgegenständen von bestimmten Transaktionen zu erklären. Insoweit sollte der Kunde dringend – ggf. nach rechtlicher Beratung – reagieren, was in geeigneten Fällen die Meldung verhindern kann.

Ein schönes Beispiel für eine Verletzung der Meldepflicht liefert eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom 10.04.2018 – 2 Ss-OWi 1059/17 -. Das Gericht hat die Festsetzung von (eher geringen!) Geldbußen gegen eine Geldwäschebeauftragte einer internationalen Großbank gehalten. Die Witwe eines ehemaligen Bundeskanzlers hatte nachdem sie ihr Schließfach aufgesucht hatte 500.000 Euro in bar auf Konten bei der Bank eingezahlt. Die Gelder sollten zur weiteren Geldanlage an andere Kreditinstitute überwiesen werden. Eine Meldung erfolgte erst Monate später, nachdem andere Geldinstitute entsprechende Meldungen gemacht und die hier in Rede stehende Bank davon informiert hatten. Das OLG Frankfurt war der Auffassung, dass mit Einzahlung des Bargeldes auf das Konto unverzüglich eine Mitteilung der Bank an die zuständige staatliche Stelle hätte erfolgen müssen. Es sah sogar einen vorsätzlichen, also nicht nur leichtfertigen, Verstoß gegen die Meldepflicht. Die verhangene Geldbuße sah es als zu niedrig an, war jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert eine Erhöhung vorzunehmen.

„Quatsch“ macht den Richter befangen

Der BGH hat in einem Beschluss vom 06. März 2018 – 3 StR 559/17 – einen Befangenheitsantrag als begründet angesehen, was äußerst selten vorkommt.

Während der Verlesung der schriftlichen Erklärung des Angeklagten zum Tatvorwurf fragte ihn der Schöffe, ob er tatsächlich den “Quatsch” glaube, den er “hier erzähle”.

Diese Äußerung – so der BGH – überschreite die Grenze einer grundsätzlich zulässigen Unmutsäußerung des Richters über das Verhalten des Angeklagten.

Jeder erfahrene Strafverteidiger weiß, dass viele Richter viel zu oft leider genau so denken über die Einlassung der Angeklagten. Sie sind aber clever genug, es nicht zu äußern. Hier war ein Schöffe ehrlich genug, seine Gedanken in der Verhandlung kundzutun.

Es ist jedoch zu betonen: auch wer nur so denkt, ist ein befangener Richter und darf nicht über einen Angeklagten urteilen. Strafverteidigern ist in geeigneten Fällen zu empfehlen, Richter direkt danach zu fragen, ob sie die Einlassung des Angeklagten für „Quatsch“ halten.

Keine Steuerhinterziehung durch Unterlassen, wenn das Finanzamt um den verschwiegenen Umstand weiß

Eine Steuerhinterziehung kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn der Täter die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt.

Das OLG Oldenburg hat in einem Beschluss vom 10. Juli 2018 – 1 Ss 51/18 – einen Fall entschieden, indem der zuständige Sachbearbeiter beim Finanzamt Kenntnis hatte, dass der Angeklagte von seiner Ehefrau getrennt lebte. Gleichwohl war der Angeklagte nach der unzutreffenden Lohnsteuerklasse III besteuert worden, wodurch ein Steuerschaden entstand.

Eine vollendete Steuerhinterziehung – so das OLG Oldenburg – liege nicht vor, weil das Finanzamt vom Getrenntleben des Angeklagten Kenntnis hatte. Eine versuchte Steuerhinterziehung scheide aus, weil der Angeklagte auch davon ausgehen durfte, dass die Behörde nicht in Unkenntnis war.

Die Entscheidung ist erstaunlich, denn der Bundesgerichtshof (vgl. etwa Beschluss vom 21. November 2012 – 1 StR 391/12 –) hat entschieden, dass es bei einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun nicht darauf ankommt, welchen Kenntnisstand die Finanzbehörde hat. Wer also eine falsche Steuererklärung abgibt und dadurch Steuern verkürzt, begeht eine versuchte Steuerhinterziehung, auch wenn die Finanzbehörde von vornherein weiß, dass die Steuererklärung falsch ist.