Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält es mit Europarecht für vereinbar, wenn ein Mitgliedstaat einem Steuerpflichtigen, so wie es in Deutschland geschieht, den Vorsteuerabzug versagt, wenn er sich an einer Lieferkette beteiligt, in der auf einer vorhergehenden Stufe Umsatzsteuerhinterziehung begangen wurde, obwohl er sich an der Hinterziehung nicht aktiv beteiligt hat. Erforderlich sei jedoch, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass in der Lieferkette Steuerhinterziehung begangen wurde (Beschluss vom 14. April 2021 – C-573/20 –).
Vorsteuerabzug des zweiten Erwerbers in betrügerischer Lieferkette
Das FG Nürnberg hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Frage vorgelegt:
Kann dem zweiten Erwerber eines Gegenstandes der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb versagt werden, weil er wissen musste, dass der ursprüngliche Verkäufer bei der ersten Veräußerung Mehrwertsteuer hinterzog, obwohl auch der erste Erwerber wusste, dass der ursprüngliche Verkäufer bei der ersten Veräußerung Mehrwertsteuer hinterzog?
Für den Fall, dass der EuGH diese Frage bejaht, will das Gericht noch Einzelheiten zur Höhe der Versagung wissen (siehe im Einzelnen Vorlage vom 21. September 2021 – 2 K 345/20 –).
Die Vorlage zeigt, dass die Diskussion über die Versagung des Vorsteuerabzuges in Lieferketten, in denen mindestens ein Glied die Umsatzsteuer hinterzieht nicht zur Ruhe kommt.
Betroffene sollten im Einzelfall fachkundigen Rat einholen.
Einwilligung in eine Durchsuchung und Datenschutz
Bei einer Verkehrskontrolle bemerken die Polizeibeamten den Geruch von Marihuana. Sie fragen den Fahrzeugführer, ob sie Einblick in den Kofferraum werfen dürfen, was dieser gestattet. Dort finden sich zwei Kilo Marihuana.
Das Landgericht Kiel hat in einem Beschluss vom 19.08.2021 – 10 Qs 43/21 – festgestellt, dass die Maßnahme der Beamten rechtswidrig war. Einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss gab es nicht. Gefahr im Verzug lag ebenfalls nicht vor, weil die Staatsanwaltschaft nicht zuvor zur Gestattung der Durchsuchung angerufen worden war. Die Frage war nunmehr, ob die Einwilligung in die Durchsuchungsmaßnahme wirksam und damit die Durchsuchung des Kofferraums rechtmäßig war. Das Landgericht hält die Einwilligung für unwirksam, weil sie gegen das Datenschutzrecht verstieß, dass im Strafverfahren anwendbar ist (vgl. §§ 500 StPO, 51 BDSG). Da die Durchsuchung, so das Landgericht, zur Erhebung personenbezogener Daten erfolgen sollte, hätte der Beschuldigte jedenfalls darüber belehrt werden müssen, dass seine Einwilligung widerruflich sei, und zwar nur mit Wirkung für die Zukunft. Ferner hätte er über den Zweck der Datenerhebung informiert werden müssen. Personenbezogene Daten waren hier der Besitz des Beschuldigten von Marihuana.
Leider hat das Landgericht nicht darüber entscheiden müssen, ob der Drogenfund trotzdem im Strafverfahren verwertet werden darf, denn dem Beschuldigten ist letztlich nicht damit gedient, sich mit der Rechtswidrigkeit der Maßnahme schmücken zu dürfen, wenn er letztlich wegen des unerlaubten Besitzes von Drogen verurteilt wird. Die Gerichte nehmen ein Beweisverwertungsverbot nur bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen an, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen wurden (siehe nur (BGH, Urt. v. 18.04.2007 – 5 StR 546/06). Auf den ersten Blick scheint ein so schwerwiegender Verstoß nicht vorzuliegen. Bei näherer Betrachtung des Falles ist aber festzustellen, dass die Beamten auf cleverer Art, das Schweigerecht des Beschuldigten umgangen haben. Dass zu erläutern, führte in diesem Beitrag jedoch zu weit, soll jedoch nicht unerwähnt bleiben. Ein Beweisverwertungsverbot könnte also durchaus begründbar sein.
E-Scooter und Alkohol
Wer unter Alkoholeinfluss fahruntüchtig mit einem E-Scooter am Straßenverkehr teilnimmt, wird im Regelfall die Fahrerlaubnis verlieren. So hat das LG Flensburg in einem Beschluss vom 23.09.2021 -V QS 42/21- entschieden. In der Entscheidung wird diskutiert, ob von einem E-Scooter eine vergleichbare Gefahr ausgeht wie von anderen Kraftfahrzeugen. Kraftfahrzeuge werden durch Maschinenkraft bewegt und gelten daher als gefährlicher als etwa Fahrräder oder Pedelecs. Demzufolge sieht das Gesetz bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug im Regelfall eine Entziehung der Fahrerlaubnis vor (§ 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB).
Auch wenn das Landgericht der Auffassung ist, dass ein Fahrer eines E-Scooters wie ein anderer Fahrer eines Kraftfahrzeuges, also etwa der Fahrer eines Mofas oder Mopeds, zu behandeln sei, ist diese Frage unter den Gerichten derzeit umstritten.
Das Landgericht hatte nicht zu der Frage zu entscheiden, wie hoch die Promillegrenze anzusetzen ist für die absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scootern. Bei Kraftfahrzeugen wird der Grenzwert bei 1,1 Promille gesehen, wohingegen für Fahrradfahrer ein Grenzwert von 1,6 Promille gilt. Überwiegend wird bei den Gerichten jedoch auch insoweit vertreten, dass beim E-Scooter die Grenze von 1,1 Promille anzunehmen sei (etwa OLG München, Beschl. v. 24.07.2020 – 205 StRR 216/20). Dennoch ist die Entwicklung im Fluss und muss weiter genau beobachtet werden.