Restschuldbefreiung bei Steuerstraftat

§ 302 Nr. 1 Alt. 3 der Insolvenzordnung bestimmt, dass Verbindlichkeiten des Schuldners sofern er im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist, nicht der Restschuldbefreiung unterliegen.

Das OLG Hamm hat in einem Urteil vom 14.12.2018 -7 U 58/17- entschieden, dass die geforderte rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung vorliegen muss und nicht schon beim Schlusstermin des Insolvenzverfahrens.

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Beweise mir das Gegenteil!

So könnte ein Angeklagter gedacht haben, der sich in einem Mordprozess verteidigte. Er hatte zunächst ein großes Küchenmesser aus der Küche ins Schlafzimmer gebracht. Dort versuchte er das Opfer zu erstechen. Um nicht wegen versuchten Mordes verurteilt zu werden erklärte er, er habe sich im Schlafzimmer spontan zur Tat entschlossen. Das Landgericht sah diese Verteidigung als nicht widerlegt an und verurteilte den Angeklagten nur wegen versuchten Totschlages in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Das ließ der Bundesgerichtshof nicht gelten (Urteil vom 17. April 2019 – 5 StR 25/19 –). Entlastende Angaben des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gebe, dürfe das Tatgericht nicht ohne weiteres als unwiderlegt hinnehmen. Das Tatgericht hätte vielmehr erörtern müssen, weshalb der Angeklagte überhaupt ein großes Küchenmesser aus der Küche mit ins Schlafzimmer genommen habe und ob dieser Umstand nicht einer Spontantat entgegenstehe.

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Turnierpoker kann Gewerbebetrieb sein

Der BFH hat mit Urteil vom 07. November 2018 – X R 34/16 – entschieden, dass ein Turnierpokerspieler Gewerbetreibender sein kann mit der Folge, dass Gewinne aus dem Turnierpoker bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.

Entscheidend war insbesondere, dass das Gericht Turnierpoker nicht als reines Glücksspiel, sondern auch als Geschicklichkeitsspiel angesehen hat.

Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Finanzverwaltung verhält, wenn sich Turnierpokerspieler mit erheblichen Verlusten melden und diese Verluste steuerlich geltend machen wollen.

Gutachter fehlt vorgebliche Qualifikation – Betrug

Der Bundesgerichtshof hatte mit Beschluss vom 18.12.2018 – 3 STR 270/18 – über einen Gerichtsgutachter zu entscheiden, der zu Unrecht angegeben hatte, Diplom-Psychologe zu sein. Überdies hatte er bei Gericht im Rahmen seiner Aussagen ebenfalls fälschlich angegeben, den Beruf eines Psychologen zu haben.

Der Bundesgerichtshof hielt die Verurteilung wegen Betruges und Falschaussage aufrecht. Der Bundesgerichtshof ließ nicht gelten, dass der Angeklagte seine Gutachten tatsächlich und wahrscheinlich sogar mangelfrei erstattet hatte. Ein Vergütungsanspruch des Gutachters sei verwirkt (vgl. § 654 BGB). Der Gutachter habe daher seine Gutachten zu Unrecht gegenüber dem Kostenbeamten der Justiz abgerechnet.

Die Entscheidung ist nicht überraschend, aber gleichwohl bemerkenswert. Jeder, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses eine falsche Qualifikation vorgaukelt, läuft nach dem Urteil Gefahr, wegen Betruges bestraft zu werden, auch wenn er ordentliche Arbeit abgeliefert hat!

Facebook und Meinungsfreiheit

Das politisch umstrittene Netzdurchleitungsgesetz, mit denen insbesondere Plattformbetreibern in sozialen Netzwerken unter bestimmten Voraussetzungen Löschpflichten auferlegt werden, zeigt in der Praxis seine volle Wirkung. Vor allem kritische Äußerungen zur Flüchtlingspolitik in Deutschland werden zur Veranlassung von Löschungen von Artikeln, Verlinkungen oder gar der Sperrung des gesamten Benutzeraccounts genommen.

In einem Verfahren beim Oberlandesgericht in München (Beschluss vom 17. September 2018 – 18 W 1383/18 –) versuchte ein Facebook Nutzer seinen Account wieder frei zu bekommen. Der Nutzer hatte eine Verlinkung auf einen Artikel vorgenommen, den Facebook als Hassrede ansah. Der Facebook Nutzer verlor den Prozess, weil das Gericht den in Rede stehenden Artikel als volksverhetzend ansah. Wichtig in der Entscheidung ist jedoch folgende Aussage, die hier wörtlich wiedergegeben wird:

„Für den Inhalt und die Reichweite der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme ist von Bedeutung, dass die von der Antragsgegnerin bereitgestellte Social-Media-Plattform dem Zweck dient, den Nutzern einen „öffentlichen Marktplatz“ für Informationen und Meinungsaustausch zu verschaffen. Im Hinblick auf die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte, insbesondere des Grundrechts des Nutzers auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), muss deshalb gewährleistet sein, dass eine zulässige Meinungsäußerung nicht von der Plattform entfernt werden darf.“

Das bedeutet im Klartext: Ist die Meinungsäußerung keine Straftat, dürfen Artikel nicht beanstandet werden.

Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt – Maklererlaubnis weg

Wer gewerberechtlich unzuverlässig ist, muss mit dem Widerruf der Maklererlaubnis gemäß § 34 c GewO rechnen. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. i.e. § 34 c Abs. 2 Nr. 1 GewO). Die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB) gehören nicht zu dem vorgenannten gesetzlichen Katalog von Straftaten. Aber: Verstöße gegen diese beiden Strafvorschriften können im Rahmen der allgemeinen Zuverlässigkeitsprüfung Bedeutung erlangen.

Ein Makler war wegen § 266 a StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt worden. Er hatte vorsätzlich Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten. Die Behörde widerrief seine Maklererlaubnis und seine Klage blieb beim VG Regensburg, Urteil vom 21.03.2019 – RN 5 K 17.1292 – erfolglos.

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Kündigung einer Facebook – Freundschaft als empfindliches Übel

Das Strafrecht, insbesondere das Sexualstrafrecht, bietet regelmäßig die merkwürdigsten Fälle im Recht. Einen wahrlich absonderlichen Fall hatte das OLG Karlsruhe zu entscheiden (Beschluss vom 17.01.2019, 2 Ws 341/18).

Der Angeklagte hatte sich mit einem falschen Facebook – Profil (als sog. Catfish) über das Internet in das Vertrauen eines 17 – jährigen Mädchens geschlichen. Wir ahnen es schon: Das Mädchen verliebte sich in den “Catfish”. Der Angeklagte traf sich sodann mit dem Mädchen und erreichte Anal- und Oralverkehr mit der “Drohung”, der vermeintliche Facebook – Freund werde sonst den Kontakt abbrechen.

Wegen sexuelle Nötigung macht sich strafbar, wer eine Person zur Vornahme einer sexuellen Handlung durch Drohung mit einem “empfindlichen Übel” nötigt (§ 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB). Das Landgericht war der Auffassung, dass die Drohung eine Facebook – Freundschaft aufzukündigen, kein “empfindliches Übel” sei. Das sah das OLG anders. Zwar würde ein besonnener Durchschnittsmensch es nicht als empfindliches Übel ansehen, einen Facebook Freund zu verlieren, aber darauf komme es nicht an. Entscheidend sei die Sichtweise des Opfers, für die der vermeintliche Facebook Freund eine große Bedeutung hatte.

Schlechte Fälle machen schlechtes Recht. Ob das OLG auch so entschieden hätte, wenn eine Ehefrau ihrem Ehemann mit der Trennung droht, wenn er sich weigert in der Ehe mit ihr sexuell zu verkehren? In Fällen dieser Art drängt sich das Korrektiv einer Verwerflichkeitsprüfung auf, die wir aus dem allgemeine Tatbestand der Nötigung kennen (§ 240 StGB). Danach ist immer auch zu prüfen, ob die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Dass der Angeklagte im hiesigen Fall verwerflich gehandelt hatte, bedarf keiner weiteren Begründung.

Fallstricke bei der Verfassungsbeschwerde

Das Bundesverfassungsgericht ist überlastet. Deshalb hat es die Anforderungen für eine zulässige Verfassungsbeschwerde erhöht. Daran ist tückisch, dass sich die erhöhten Anforderungen nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Wer eine Verfassungsbeschwerde einlegen will, muss sie also kennen.

Interessant und exemplarisch ist insoweit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.11.2018 – 2 BvR 2172/18 -. Eine zulässige Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der Beschwerdeführer zuvor den Rechtsweg erschöpft hat (§ 90 Abs. 2 BVerfG). Das bedeutet zunächst einmal, dass der Beschwerdeführer die ihm eröffneten Instanzen durchlaufen muss. Weitergehend fordert das Bundesverfassungsgericht jedoch, dass er überdies eine sog. Anhörungsrüge erheben muss, wenn er geltend macht, dass die letztinstanzliche Entscheidung seinen Vortrag übergangen hat (sog. Gehörsverletzung). Das war hier der Fall und der Beschwerdeführer hatte es unterlassen, eine Anhörungsrüge zu erheben. Damit seien, so das Bundesverfassungsgericht, auch alle weiteren Grundrechtsrügen unzulässig!

Es ist in der Praxis nicht selten, dass eine Vielzahl von Verfassungsverstößen in einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden und gleichsam nebenbei auch eine Gehörsverletzung (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG). Wer in solchen Fällen jedoch die Anhörungsrüge versäumt, zerschlägt sich seine gesamte Verfassungsbeschwerde.

In diesem Zusammenhang ist es weiter wichtig zu wissen, dass das Bundesverfassungsgericht für eine zulässige Verfassungsbeschwerde ferner verlangt, dass der Beschwerdeführer seine verfassungsrechtlichen Beanstandungen bereits im Instanzenzug geltend macht (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Januar 2014 – 1 BvR 3544/13 –). Auch dieses Erfordernis ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz.

Häufig werden solche Beanstandungen von den Beschwerdeführern daher schon bei den Fachgerichten vorgetragen, die sich damit aber nicht befassen. In diesen Fällen muss also eine Anhörungsrüge beim letztinstanzlichen Gericht erhoben werden, wenn die Verfassungsbeschwerde zulässig erhoben werden können soll.

In Zweifelsfällen sollte wie folgt vorgegangen werde: Es wird innerhalb der Monatsfrist nach Zugang der letztinstanzlichen Entscheidung sowohl eine Verfassungsbeschwerde eingelegt als auch eine Anhörungsrüge beim letztinstanzlichen Gericht erhoben. Auch insoweit sind die Fristen zu beachten! Sodann wird dem Bundesverfassungsgericht mitgeteilt, dass nicht entschieden werden soll, bevor über die Anhörungsrüge befunden wurde.

Umsatzsteuerschuld durch bloßen Ausweis in der Rechnung

Wer in einer Rechnung Umsatzsteuer ausweist, haftet für die ausgewiesene Umsatzsteuer. (vgl. im Einzelnen § 14 c Abs. 1 UStG).

Dies gilt, so der BFH in einer Entscheidung vom 13.12.2018 – V R 4/18 – auch dann, wenn die Rechnung gegenüber einem Nichtunternehmer erfolgt, der aus einer solchen Rechnung nicht berechtigt ist, die Vorsteuer geltend zu machen.

Im zu entscheidenden Fall hatte ein Verein die Auffassung vertreten, dass auf seine Leistungen ein ermäßigter Umsatzsteuersatz anzuwenden sei. Der Verein hatte jedoch, weil das Finanzamt eine andere Auffassung vertrat, in seinen Rechnungen den Regelsteuersatz ausgewiesen. Nunmehr wollte der Verein bei Gericht festgestellt wissen, dass seine Leistungen einem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Der BFH konnte diese Frage dahinstehen lassen, weil die Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz jedenfalls wegen dessen Ausweis in den Rechnungen geschuldet sei.

Das Gericht weist auch den Weg, wie sich der Verein richtig hätte verhalten können. Er hätte in seinen Rechnungen und den entsprechenden Umsatzsteuererklärungen den ermäßigten Steuersatz ausweisen können. Bei einer Besteuerung mit dem Regelsteuersatz durch das Finanzamt hätte der Verein mit Rechtsbehelfen vorgehen sollen. Der BFH betont, dass eine Steuerhinterziehung nicht begehe, wer eine abweichende Rechtsansicht dem Finanzamt im Zusammenhang mit der Abgabe von Steuererklärungen mitteile.

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Insolvenzantrag durch das Finanzamt

Das FG München hatte mit Beschluss vom 24. Juli 2018 – 7 V 1728/18 – darüber zu entscheiden, ob das Finanzamt einen Insolvenzantrag im Rahmen der Vollstreckung eines Steuerbescheides rechtswidrig gestellt hatte. Der Insolvenzantrag steht im Ermessen des Finanzamtes. Dieses Ermessen muss ordnungsgemäß ausgeübt werden. Das ist nicht der Fall, wenn der Antrag aus sachfremden Erwägungen oder unter missbräuchlicher Ausnutzung einer Rechtsstellung gestellt wurde. Wenn, so das Gericht, die Finanzbehörde lediglich die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Vollstreckungsschuldners bezwecke, sei dies missbräuchlich und mithin rechtswidrig.

Das Finanzamt wird in der Praxis nicht zugeben aus sachfremden oder missbräuchlichen Erwägungen gehandelt zu haben. Die meisten Insolvenzanträge in der Praxis werden gestellt, um den Schuldner unter Druck zu setzen, damit er so schnell wie möglich bezahlt (sog. Druckanträge). Anträge solcher Art sind sachwidrig, denn sie bezwecken gar nicht die Durchführung eines Insolvenzverfahrens, sondern wollen es – paradoxerweise – mithilfe des Antrages gerade verhindern.

Das Gericht gibt jedoch eine Fallgruppe wieder, in der der Steuerpflichtige unproblematisch nachweisen könne, dass das Finanzamt sachfremd bzw. missbräuchlich handele, und zwar wenn für die Finanzbehörde von vornherein feststehen würde, dass eine die Kosten des Verfahrens deckende Insolvenzmasse nicht vorhanden ist.