Eine Steuerhinterziehung kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn der Täter die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt.
Das OLG Oldenburg hat in einem Beschluss vom 10. Juli 2018 – 1 Ss 51/18 – einen Fall entschieden, indem der zuständige Sachbearbeiter beim Finanzamt Kenntnis hatte, dass der Angeklagte von seiner Ehefrau getrennt lebte. Gleichwohl war der Angeklagte nach der unzutreffenden Lohnsteuerklasse III besteuert worden, wodurch ein Steuerschaden entstand.
Eine vollendete Steuerhinterziehung – so das OLG Oldenburg – liege nicht vor, weil das Finanzamt vom Getrenntleben des Angeklagten Kenntnis hatte. Eine versuchte Steuerhinterziehung scheide aus, weil der Angeklagte auch davon ausgehen durfte, dass die Behörde nicht in Unkenntnis war.
Die Entscheidung ist erstaunlich, denn der Bundesgerichtshof (vgl. etwa Beschluss vom 21. November 2012 – 1 StR 391/12 –) hat entschieden, dass es bei einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun nicht darauf ankommt, welchen Kenntnisstand die Finanzbehörde hat. Wer also eine falsche Steuererklärung abgibt und dadurch Steuern verkürzt, begeht eine versuchte Steuerhinterziehung, auch wenn die Finanzbehörde von vornherein weiß, dass die Steuererklärung falsch ist.