Verbandssanktion – Fortsetzung

Das Justizministerium hat einen Entwurf eines Gesetzes zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten vorgelegt. In diesem Blog war bereits darüber berichtet worden, dass Aktivitäten des Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Sanktionierung von Verbänden demnächst anstehen. Der Entwurf markiert einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung auf ein neues Gesetz. Der Entwurf sieht vor, dass Unternehmen für vorsätzliche Verbandsstraftaten mit einer Sanktion von bis zu 10 % des Jahresumsatzes haften können. Der Sanktionsrahmen verschiebt sich allerdings nach unten, wenn das Unternehmen eine verbandsinterne Untersuchung durchführt, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Da im Vergleich zum bisherigen Recht wesentlich höhere Sanktionen drohen, werden Compliance-Systeme in Unternehmen weiterhin an Bedeutung gewinnen. Es dürfte wahrscheinlich sein, dass noch in dieser Legislaturperiode dem Referentenentwurf ein Gesetz folgt.

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Der Schnellstart an der Ampel und das verbotene Kraftfahrzeugrennen

Ab 13.10.2017 ist § 315 d StGB gültig, der verbotene Kraftfahrzeugrennen unter Strafe stellt. Aber: Nicht immer sind an einer Raserei im Straßenverkehr mindestens zwei Fahrer beteiligt. Daher sieht § 315 Abs. 1 Nr. 3 StGB für das Einzelrasen vor:

„Wer im Straßenverkehr sich als Fahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, wird mit Freistrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Derzeit kommen die ersten Fälle zu Gericht, in denen es um Schnellstarts an einer Ampel von einzelnen Fahrern geht. Das AG Düsseldorf sprach mit Urteil vom 27.03.2019 – 127 CS – 30 Js 592/18 – 812/18 – frei, weil es ein grob verkehrswidriges Verhalten des Angeklagten nicht habe feststellen können. Ein solches Verhalten dürfe nicht aus der bloßen Geschwindigkeit des Fahrzeuges gefolgert werden. Diese Rechtsauffassung ist allerdings umstritten. Wir müssen insoweit Entscheidungen höherer Gerichte abwarten

Unabhängig davon hätte das Gericht nachweisen müssen, dass der Schnellstart erfolgte, „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.“ Dieses Merkmal wird häufig große Probleme im Nachweis bereiten. Wer sich klug verteidigt, dürfte andere Gründe (er-)finden, warum er so schnell unterwegs war.

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Das Handy, der Taschenrechner und § 23 Abs. 1a StVO

Nicht selten kommt es in der Praxis vor, dass Messfotos von Geschwindigkeitskontrollgeräten zeigen, dass der Fahrzeugführer nicht nur zu schnell fuhr, sondern dabei auch ein Handy in den Händen hielt. Nach § 23 Absatz 1a StVO darf beim Führen eines Fahrzeuges ein „elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient“, nicht gehalten werden. Die Vorschrift wurde im Jahre 2017 verschärft, weil sich die Betroffenen bis dahin sehr fantasievoll eingelassen hatten zu der Frage, was von außen einem Handy ähnelt, aber keines ist. Die Formulierung im verschärften Gesetz „elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist“, scheint so umfassend, dass kaum noch Raum für vermeintliche Ausreden bleibt. Weit gefehlt! Beim Bundesgerichtshof liegt derzeit ein Fall, in dem der Fahrer behauptet, einen Taschenrechner gehalten zu haben.

Das OLG Braunschweig hatte mit Beschluss vom 03.07.2019 – 1 Ss (UW) 87/19 – mit einem Fall zu tun, in dem der Fahrer behauptete, einen Taschenrechner mit Speicherfunktion benutzt zu haben. Das OLG hielt die Verurteilung durch das Amtsgericht aufrecht und wartete nicht die Entscheidung des BGH ab, weil der Taschenrechner eine Speicherfunktion hatte. Im Fall des BGH sind zur Speicherfunktion des Taschenrechners keine Feststellungen getroffen, sodass wir auf die Entscheidung gespannt sein können, auch wenn es Taschenrechner ohne Speicherfunktion in der Praxis kaum noch geben dürfte.

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Steuerabzug und Steuerbefreiung bei Steuerhinterziehung

Im Jahressteuergesetz 2019 ist die Einführung eines neuen § 25 f UStG vorgesehen, der ab 01.01.2020 gelten soll. Die Regelung soll Umsatzsteuerhinterziehung im Rahmen von Karussell- und Kettengeschäften bekämpfen und greift die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auf. Die Vorschrift besagt:

Sofern der Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit der von ihm erbrachten Leistung oder seinem Leistungsbezug an einem Umsatz beteiligt, bei dem der Leistende oder ein anderer Beteiligter auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine begangene Hinterziehung von Umsatzsteuer oder Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs einbezogen war, ist zu versagen:

die Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen;

der Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen;

der Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichem Erwerb sowie

der Vorsteuerabzug aus Leistungen i. S. d. § 13b UStG (Reverse-Charge)

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Haftstrafen wegen des Vertriebs von Restaurantkassen mit Manipulationsfunktion

Das LG Osnabrück hat am 28.11.2019 – 2 Kls 2/19 – zwei Angeklagte wegen des Vorwurfs der gewerbsmäßigen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zur Fälschung technischer Aufzeichnungen zu Gesamtfreiheitsstrafen von sieben Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagten hatten Kassen vertrieben, deren Software es ermöglichte nachträglich Umsätze herabzusetzen.

Die hohen Haftstrafen erklären sich insbesondere auch daraus, dass ein Steuerschaden von etwa 6 Mio. Euro nachgewiesen werden konnte. Im Sachverhalt fanden sich darüber hinaus Anhaltspunkte, dass die Kassensysteme möglicherweise in mehreren tausend Restaurants in Deutschland und Europa zum Einsatz kamen.

Dem Hauptangeklagten half, dass die Funktionsweise des Kassensystems zum Teil überhaupt erst mit seiner Hilfe aufgedeckt werden konnte. Zudem gab er Hinweise, wie sich Umsatzmanipulationen trotz der Manipulationssoftware in den Restaurants noch nachweisen ließen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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Steuer bezahlt – Finanzamt will trotzdem Insolvenzverfahren

Der Steuerpflichtige hatte nach einem Insolvenzantrag des Finanzamtes die offene Steuerforderung erfüllt. Dennoch verlangte das Finanzamt, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Mit diesem Fall hatte sich das FG Hamburg in einer Entscheidung vom 02.07.2019 – 2 V 121/19 – auseinanderzusetzen.

Das Gesetz sieht vor, dass ein Insolvenzantrag sich nicht ohne weiteres durch die Erfüllung der Forderung des den Antrag stellenden Gläubigers erledigt (§ 14 Abs. 1 S. 2 InsO). Der Gläubiger muss allerdings glaubhaft machen, dass Insolvenzgründe (insbesondere Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) noch fortbestünden.

Schon diese Glaubhaftmachung war dem Finanzamt nicht gelungen. Überdies sah das Gericht aber auch eine Aufrechterhaltung des Insolvenzantrages als unverhältnismäßig an. Der Steuerpflichtige hatte eine Generalbereinigung seiner wirtschaftlichen Situation eingeleitet und dem Finanzamt zur Sicherung künftiger Ansprüche die Eintragung einer Sicherungsgrundschuld angeboten.

So erfreulich die Entscheidung ist. In ihr wird allerdings auch vorgetragen, dass das Finanzamt grundsätzlich ein Interesse an der Fortführung eines Insolvenzverfahrens haben kann, auch wenn laufende Steuerschulden beglichen sind. Begründung: als öffentlicher Gläubiger kann das Finanzamt das Entstehen weitere Forderungen gegen den Schuldner nicht einseitig verhindern.

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Filmaufnahmen im Gerichtssaal

Es kommt immer wieder zu Streitigkeiten über Filmaufnahmen aus Anlass von Strafprozessen. Einerseits macht die Presse das Grundrecht der Rundfunkfreiheit geltend. Dem stehen die Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, insbesondere des Angeklagten, gegenüber.

Eines ist gewiss: Während der Verhandlung sind Ton- und Filmaufnahmen der Presse unzulässig (§ 169 Abs. 1 S. 2 GVG). Die Presse hat sich jedoch beim Bundesverfassungsgericht im Grundsatz das Recht erkämpft unmittelbar vor Verhandlungsbeginn Ton- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal zu fertigen, wenn die Verfahrensbeteiligten anwesend sind. Wie die Praxis das umsetzt, zeigt ein Beschluss des OLG Hamburg vom 12.09.2018 – 1 Ws 71/18 –. Dort heißt es wörtlich:

„In der Regel wird der Vorsitzende das ihm zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausüben, wenn er bei einem auf der „Presseliste“ der Staatsanwaltschaft geführten Verfahren Filmaufnahmen unmittelbar vor Verhandlungsbeginn im Sitzungssaal mit der Anordnung zulässt, die gefertigten Aufnahmen von den Angeklagten mittels geeigneter technischer Maßnahmen zu anonymisieren.“

Also: Aufnahmen ja, aber Verpixelung beim Angeklagten. Wann dürfte die Verpixelung entfallen? Auch hierzu lesen wir in der Entscheidung eine interessante Passage:

„Die Taten, die den Angeklagten mit der Anklage zur Last gelegt wurden, haben zwar die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit erregt. Allein der Gegenstand der Anklage rechtfertigt eine Individualisierung der Angeklagten, die weder zu den Personen des öffentlichen Lebens gehören, noch sich im Vorfeld der Hauptverhandlung freiwillig einer bebilderten Medienberichterstattung gestellt haben, jedoch nicht.“

Amateurfußballer als Arbeitnehmer

Das LSG Niedersachsen hat in einem Beschluss vom 05.07.2019 – L 2 BA 38/19 B ER – bei einer monatlichen Zahlung von 800,00 € nebst Auflaufprämie pro Spiel von 50 € eines Fußballvereins an seinen Spieler ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angenommen.

Eine Zahlung in Höhe von monatlich 250 €, die der Spieler zuvor erhalten hatte, hat das LSG demgegenüber als lediglich pauschale Aufwandsentschädigung angesehen, wenn der Spieler dadurch lediglich motiviert werden soll, ohne arbeitsvertraglich gebunden zu werden, etwa im Rahmen der Teilnahme an Trainingseinheiten und Spielen.

Vereine werden künftig zunehmend mit Prüfungen hinsichtlich der oben angesprochenen Problematik konfrontiert werden, da Zahlungen im Amateursport mittlerweile weit verbreitet sind, nicht nur im Fußball.

Wird in Fällen der vorgenannten Art, wie nicht selten, eine vorsätzliche Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen angenommen, können die Rentenversicherungsträger wegen der langen insoweit geltenden Verjährungsfrist weit in die Vergangenheit zurückgehen. In dem hiesigen Streitfall standen allein Säumniszuschläge in Höhe von etwa 7.500 € im Streit!

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Steuerliche Haftung bei mehreren Geschäftsführern

Die Geschäftsführer einer GmbH können für Steueransprüche gegen ihre Gesellschaft in Haftung genommen werden, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig ihre Pflichten verletzen und dadurch nicht oder nicht rechtzeitig Steuern festgesetzt oder erfüllt werden (§ 69 Satz eins AO, 34 AO).

Besteht, wie nicht selten, die Geschäftsführung aus mehreren Personen werden die Aufgaben oft verteilt. Für steuerliche Angelegenheiten ist häufig nur ein Geschäftsführer zuständig. Das FG Münster hatte mit Urteil vom 30.04.2019 – 12 K6 120/15 – darüber zu entscheiden, ob der Geschäftsführer einer GmbH gegen seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner einwenden kann, er sei für steuerliche Angelegenheiten nicht zuständig gewesen, sondern sein Mitgeschäftsführer.

Das Gericht ließ den Einwand nicht gelten. Es gelte der Grundsatz der Allzuständigkeit. Einschränkungen setzen voraus, dass eine Aufgabenverteilung unter den Mitgeschäftsführern schriftlich und von vornherein eindeutig geregelt ist. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor.

Aber auch, wenn der Kläger eine solche schriftliche Vereinbarung im Prozess hätte vorlegen können, wäre er damit noch nicht zwingend aus der Haftung heraus. Die Rechtsprechung verlangt, dass der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten betraute Geschäftsführer den insoweit zuständigen Geschäftsführer überwacht. Die entscheidende Frage hier: Hätten bei Überwachung verständige Zweifel aufkommen müssen, dass der zuständige Geschäftsführer steuerlichen Pflichten der Gesellschaft nicht ordnungsgemäß erfüllt? (vgl. BFH, Beschluss vom 07. Juli 2009 – VII B 248/08 –).

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Gaststättenerlaubnis wird widerrufen bei Strohmann

Das Verwaltungsgericht in Schleswig hat in einem Beschluss vom 04.07.2019 -12 B 18/19- den Widerruf einer Gaststättenerlaubnis bestätigt gegenüber einem Strohmann. Wichtig war hier, dass hinter dem Strohmann eine gewerblich unzuverlässige Person steckte. Wenn, so das Gericht, die hinter dem Strohmann stehende Person unzuverlässig ist, ist es somit auch der Strohmann selbst.

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