Umsatzsteuerausfälle und Online-Handel

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet beschlossen. Danach wird ein neuer § 22 f UStG eingeführt, mit dem Betreiber elektronischer Marktplätze verpflichtet werden, bestimmte Daten ihrer Händler zu erfassen. Aufgezeichnet wird insbesondere ab Januar 2019:

der Name und die Anschrift des liefernden Unternehmers

Steuernummer und soweit vorhanden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des liefernden Unternehmers

der Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung sowie der Bestimmungsort der Ware

der Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes.

Die Daten können sodann von der Finanzverwaltung ohne weiteres über Sammelauskunftsersuchen abgefragt werden.

Die liefernden Unternehmer müssen sich weiterhin eine Bescheinigung über ihre steuerliche Erfassung des für sie zuständigen Finanzamtes besorgen.  Unternehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im

Inland, einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf

den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, haben einen  Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen.

Erfolgt die Registrierung auf dem elektronischen Marktplatz des Betreibers nicht als Unternehmer, müssen Name und Anschrift und Geburtsdatum des Liefernden, Versendungs- und Bestimmungsort der Ware und Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes aufgezeichnet werden.

Weiterhin soll eine Haftung der Betreiber der Handelsplattformen eingeführt werden für ausgefallene Umsatzsteuer, sofern die Betreiber bestimmte Pflichten, wozu auch die Aufzeichnungspflicht gehört, verletzen. Die Einzelheiten stelle ich hier nicht dar. (vgl. i.e. § 25 e UStG).

Apotheken – Erlaubnis und Steuerhinterziehung

Das VG Aachen hat in einem Urteil vom 06.07.2018 – 7 K 5905/17 – den Widerruf einer Apotheken-Betriebserlaubnis wegen Unzuverlässigkeit als rechtmäßig bestätigt.

Der Kläger war als Apotheker wegen Steuerhinterziehung von etwa 240.000 € zu einer Bewährungsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden. Sein Geständnis und die Nachzahlung der hinterzogenen Steuer halfen ihm nicht, wobei gegen ihn auch ins Gewicht fiel, dass er in seinem Abrechnungssystem eine Manipulationssoftware verwendet hatte.

Die Entscheidung zeigt, dass Unzuverlässigkeit im Sinne des Apothekenrechts nicht zwingend voraussetzt, dass eine spezifisch apothekenrechtliche Pflicht verletzt worden ist. Es kann auch der Verstoß gegen eine steuerliche Pflicht genügen. Letztlich sind jedoch immer die Umstände des einzelnen Falles entscheidend.

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Strafzumessung bei Steuerhinterziehung und Untreue nicht vergleichbar

Der Bundesgerichtshofs hatte in einem Urteil vom 02.12.2008 -1 StR 416/08 – für Fälle der Steuerhinterziehung erklärt:

„Jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag wird die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine (ergänze: zur Bewährung) aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht.“

In einer neuen Entscheidung des BGH vom 14.03.2018 -2 StR 416/16- weist das Gericht darauf hin, dass diese Grundsätze der Strafzumessung nicht auf den Straftatbestand der Untreue übertragen werden können.

Finanzbeamter und Steuerhinterziehung = Entfernung aus dem Dienstverhältnis

Der Vorsteher eines Finanzamtes hatte Steuern verkürzt wegen unzutreffender Angaben über das Zusammenleben mit seiner damaligen Ehefrau, was ihm die günstigere Veranlagungsart „Zusammenveranlagung“ verschaffte. Er war von den Strafgerichten zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat das ausreichen lassen, um ihm im Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis zu entfernen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 27.12.2017 – 2 B 18/17 – sogar erklärt, dass die Höhe der verkürzten Steuer für die Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens unerheblich sei.

Das Gericht wies weiterhin darauf hin, dass im Disziplinarverfahren grundsätzlich eine Bindungswirkung an die Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren besteht (§ 57 BDG).

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Beamte im Strafverfahren um den Sachverhalt kämpfen müssen. Das Disziplinargericht wird im anschließen Disziplinarverfahren einen anderen Sachverhalt grundsätzlich nicht mehr berücksichtigen.

Briefkastenanschrift und Vorsteuerabzug

Mit einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21.06.2018 – VR 25/15 – hat das Gericht seine Rechtsprechung geändert. Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung setzt nicht mehr voraus, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Es reicht nunmehr jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist.

Die alte – nunmehr abgeänderte – Rechtsprechung hatte vorausgesetzt, dass ein Rechnungsempfänger, wenn er seinen Vorsteuerabzug nicht riskieren wollte, prüfen musste, ob sein leistender Vertragspartner unter der in der Rechnungsanschrift angegebenen Adresse auch tatsächlich eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübte. Das war eine im Zeitalter des Internet und des Online – Handels ersichtlich unzumutbare Anforderung. Von sich aus hätte der Bundesfinanzhof seine restriktive Rechtsprechung nicht aufgegeben, wenn der EuGH es nicht von ihm mit einer Entscheidung vom 15.11.2017 erfordert hätte (C-374/16 und C-375/16).

Unabhängig von dieser Rechtsprechungsänderung bleibt es allerdings dabei, dass ein Vorsteuerabzug ausscheidet, wenn der Steuerpflichtige weiß oder wissen musste, dass er in eine Lieferkette einbezogen ist, in der Steuerhinterziehung begangen wird. Zum Nachweis dieser Voraussetzungen genügt nun allerdings nicht mehr der bloße Hinweis auf eine Briefkastenanschrift des Lieferers.

Betäubungsmittelhandel und Wirkstoffgehalt

Die Gerichte verlangen für eine Verurteilung wegen Handels mit Betäubungsmitteln, dass ein Wirkstoffgehalt der gehandelten Menge festgestellt wird. Nur so könne der Schuldumfang für eine zu bemessende Strafe festgestellt werden (BGH, Urteil vom 03. April 2008 – 3 StR 60/08 –). Das OLG Celle hat in einem Beschluss vom 25.09.2017 – 2 Ss 104/17 – entschieden, dass die Feststellung eines Wirkstoffgehaltes ausnahmsweise beim Handel mit Kleinstmengen bis zu drei Konsumseinheiten nicht erforderlich ist. Die Entscheidung ist fiskalisch motiviert, denn dadurch spart die Justiz in Fällen von Kleinkriminalität die Gutachterkosten. Es bleibt aber dabei, dass im Regelfall der Wirkstoffgehalt festgestellt werden muss. Dabei dürfen die Gerichte auch Schätzungen vornehmen, wenn das Rauschmittel nicht beschlagnahmt werden konnte.

Dennoch kann diese Rechtsprechung zu erstaunlichen Ergebnissen führen. Steht nur fest, dass der Beschuldigte überhaupt mit Betäubungsmitteln, aber nicht welchen, gehandelt hat, kann er nicht verurteilt werden. Steht nicht fest, mit welchen (Mindest-) Mengen er gehandelt hat, kann ebenfalls keine Verurteilung erfolgen (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 15. Mai 2002 – 4St RR 53/02 –).

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