Kündigung einer Facebook – Freundschaft als empfindliches Übel

Das Strafrecht, insbesondere das Sexualstrafrecht, bietet regelmäßig die merkwürdigsten Fälle im Recht. Einen wahrlich absonderlichen Fall hatte das OLG Karlsruhe zu entscheiden (Beschluss vom 17.01.2019, 2 Ws 341/18).

Der Angeklagte hatte sich mit einem falschen Facebook – Profil (als sog. Catfish) über das Internet in das Vertrauen eines 17 – jährigen Mädchens geschlichen. Wir ahnen es schon: Das Mädchen verliebte sich in den “Catfish”. Der Angeklagte traf sich sodann mit dem Mädchen und erreichte Anal- und Oralverkehr mit der “Drohung”, der vermeintliche Facebook – Freund werde sonst den Kontakt abbrechen.

Wegen sexuelle Nötigung macht sich strafbar, wer eine Person zur Vornahme einer sexuellen Handlung durch Drohung mit einem “empfindlichen Übel” nötigt (§ 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB). Das Landgericht war der Auffassung, dass die Drohung eine Facebook – Freundschaft aufzukündigen, kein “empfindliches Übel” sei. Das sah das OLG anders. Zwar würde ein besonnener Durchschnittsmensch es nicht als empfindliches Übel ansehen, einen Facebook Freund zu verlieren, aber darauf komme es nicht an. Entscheidend sei die Sichtweise des Opfers, für die der vermeintliche Facebook Freund eine große Bedeutung hatte.

Schlechte Fälle machen schlechtes Recht. Ob das OLG auch so entschieden hätte, wenn eine Ehefrau ihrem Ehemann mit der Trennung droht, wenn er sich weigert in der Ehe mit ihr sexuell zu verkehren? In Fällen dieser Art drängt sich das Korrektiv einer Verwerflichkeitsprüfung auf, die wir aus dem allgemeine Tatbestand der Nötigung kennen (§ 240 StGB). Danach ist immer auch zu prüfen, ob die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Dass der Angeklagte im hiesigen Fall verwerflich gehandelt hatte, bedarf keiner weiteren Begründung.

Fallstricke bei der Verfassungsbeschwerde

Das Bundesverfassungsgericht ist überlastet. Deshalb hat es die Anforderungen für eine zulässige Verfassungsbeschwerde erhöht. Daran ist tückisch, dass sich die erhöhten Anforderungen nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Wer eine Verfassungsbeschwerde einlegen will, muss sie also kennen.

Interessant und exemplarisch ist insoweit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.11.2018 – 2 BvR 2172/18 -. Eine zulässige Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der Beschwerdeführer zuvor den Rechtsweg erschöpft hat (§ 90 Abs. 2 BVerfG). Das bedeutet zunächst einmal, dass der Beschwerdeführer die ihm eröffneten Instanzen durchlaufen muss. Weitergehend fordert das Bundesverfassungsgericht jedoch, dass er überdies eine sog. Anhörungsrüge erheben muss, wenn er geltend macht, dass die letztinstanzliche Entscheidung seinen Vortrag übergangen hat (sog. Gehörsverletzung). Das war hier der Fall und der Beschwerdeführer hatte es unterlassen, eine Anhörungsrüge zu erheben. Damit seien, so das Bundesverfassungsgericht, auch alle weiteren Grundrechtsrügen unzulässig!

Es ist in der Praxis nicht selten, dass eine Vielzahl von Verfassungsverstößen in einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden und gleichsam nebenbei auch eine Gehörsverletzung (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG). Wer in solchen Fällen jedoch die Anhörungsrüge versäumt, zerschlägt sich seine gesamte Verfassungsbeschwerde.

In diesem Zusammenhang ist es weiter wichtig zu wissen, dass das Bundesverfassungsgericht für eine zulässige Verfassungsbeschwerde ferner verlangt, dass der Beschwerdeführer seine verfassungsrechtlichen Beanstandungen bereits im Instanzenzug geltend macht (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Januar 2014 – 1 BvR 3544/13 –). Auch dieses Erfordernis ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz.

Häufig werden solche Beanstandungen von den Beschwerdeführern daher schon bei den Fachgerichten vorgetragen, die sich damit aber nicht befassen. In diesen Fällen muss also eine Anhörungsrüge beim letztinstanzlichen Gericht erhoben werden, wenn die Verfassungsbeschwerde zulässig erhoben werden können soll.

In Zweifelsfällen sollte wie folgt vorgegangen werde: Es wird innerhalb der Monatsfrist nach Zugang der letztinstanzlichen Entscheidung sowohl eine Verfassungsbeschwerde eingelegt als auch eine Anhörungsrüge beim letztinstanzlichen Gericht erhoben. Auch insoweit sind die Fristen zu beachten! Sodann wird dem Bundesverfassungsgericht mitgeteilt, dass nicht entschieden werden soll, bevor über die Anhörungsrüge befunden wurde.

Umsatzsteuerschuld durch bloßen Ausweis in der Rechnung

Wer in einer Rechnung Umsatzsteuer ausweist, haftet für die ausgewiesene Umsatzsteuer. (vgl. im Einzelnen § 14 c Abs. 1 UStG).

Dies gilt, so der BFH in einer Entscheidung vom 13.12.2018 – V R 4/18 – auch dann, wenn die Rechnung gegenüber einem Nichtunternehmer erfolgt, der aus einer solchen Rechnung nicht berechtigt ist, die Vorsteuer geltend zu machen.

Im zu entscheidenden Fall hatte ein Verein die Auffassung vertreten, dass auf seine Leistungen ein ermäßigter Umsatzsteuersatz anzuwenden sei. Der Verein hatte jedoch, weil das Finanzamt eine andere Auffassung vertrat, in seinen Rechnungen den Regelsteuersatz ausgewiesen. Nunmehr wollte der Verein bei Gericht festgestellt wissen, dass seine Leistungen einem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Der BFH konnte diese Frage dahinstehen lassen, weil die Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz jedenfalls wegen dessen Ausweis in den Rechnungen geschuldet sei.

Das Gericht weist auch den Weg, wie sich der Verein richtig hätte verhalten können. Er hätte in seinen Rechnungen und den entsprechenden Umsatzsteuererklärungen den ermäßigten Steuersatz ausweisen können. Bei einer Besteuerung mit dem Regelsteuersatz durch das Finanzamt hätte der Verein mit Rechtsbehelfen vorgehen sollen. Der BFH betont, dass eine Steuerhinterziehung nicht begehe, wer eine abweichende Rechtsansicht dem Finanzamt im Zusammenhang mit der Abgabe von Steuererklärungen mitteile.

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Insolvenzantrag durch das Finanzamt

Das FG München hatte mit Beschluss vom 24. Juli 2018 – 7 V 1728/18 – darüber zu entscheiden, ob das Finanzamt einen Insolvenzantrag im Rahmen der Vollstreckung eines Steuerbescheides rechtswidrig gestellt hatte. Der Insolvenzantrag steht im Ermessen des Finanzamtes. Dieses Ermessen muss ordnungsgemäß ausgeübt werden. Das ist nicht der Fall, wenn der Antrag aus sachfremden Erwägungen oder unter missbräuchlicher Ausnutzung einer Rechtsstellung gestellt wurde. Wenn, so das Gericht, die Finanzbehörde lediglich die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Vollstreckungsschuldners bezwecke, sei dies missbräuchlich und mithin rechtswidrig.

Das Finanzamt wird in der Praxis nicht zugeben aus sachfremden oder missbräuchlichen Erwägungen gehandelt zu haben. Die meisten Insolvenzanträge in der Praxis werden gestellt, um den Schuldner unter Druck zu setzen, damit er so schnell wie möglich bezahlt (sog. Druckanträge). Anträge solcher Art sind sachwidrig, denn sie bezwecken gar nicht die Durchführung eines Insolvenzverfahrens, sondern wollen es – paradoxerweise – mithilfe des Antrages gerade verhindern.

Das Gericht gibt jedoch eine Fallgruppe wieder, in der der Steuerpflichtige unproblematisch nachweisen könne, dass das Finanzamt sachfremd bzw. missbräuchlich handele, und zwar wenn für die Finanzbehörde von vornherein feststehen würde, dass eine die Kosten des Verfahrens deckende Insolvenzmasse nicht vorhanden ist.

Fahrer schuldet Tabaksteuer!

Mit Urteil vom 05. Dezember 2018 – 4 K 1008/14 – hat das Sächsische Finanzgericht eine atemberaubende Entscheidung getroffen. Auf einem LKW wurden illegale Zigaretten festgestellt, nachdem sie von Polen nach Deutschland gefahren wurden. Der Fahrer des Fahrzeuges hatte geltend gemacht, dass die Zigaretten ohne sein Wissen in sein Fahrzeug gelangt seien. Ein Strafverfahren gegen ihn wurde daher mangels hinreichenden Tatverdachtes eingestellt.

Gleichwohl meint das Gericht, der Fahrer hafte für die Tabaksteuer, und zwar unabhängig davon, ob er von den geschmuggelten Zigaretten wusste oder hätte wissen müssen.

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Vermögensarrest braucht Sicherungsbedürfnis

In Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung wird nicht selten ein sog. Vermögensarrest in Höhe der mutmaßlich hinterzogenen Steuer erlassen (vgl. § 111 e StPO). Solche Vermögensarreste sollen verhindern, dass die Beschuldigten Vermögenswerte beiseite schaffen und damit eine spätere Entscheidung über deren Einziehung vereiteln. Die Auswirkungen eines Vermögensarrestes sind für einen Beschuldigten verheerend. Er ist in aller Regel seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit beraubt, obwohl er noch nicht verurteilt ist, sondern lediglich ein Verdacht besteht.

Das OLG Schleswig weist in einem Beschluss von 25.10.2018 – 2 Ws 271/18 – darauf hin, dass der Erlass eines Vermögensarrestes ein Sicherungsbedürfnis voraussetzt. Es müssen im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass der Betroffene die Vollstreckung einer späteren Einziehungsanordnung vereiteln würde. Solche Anhaltspunkte könnten vor allem nicht darin gesehen werden, dass der Betroffene bei der Tatausführung manipulativ gehandelt habe, denn daraus lasse sich nicht schließen, dass er nach der Tat Vermögenswerte beiseite schaffe.

Diese Entscheidung ist für die Praxis der Strafverteidigung von überragender Bedeutung. Sie ist allerdings bestritten. Das OLG Stuttgart etwa (Entscheidung vom 25.10.2017 – 1 Ws 163/17 -) fordert ein solches Sicherungsbedürfnis nicht. Andere Gerichte folgern das Sicherungsbedürfnis häufig ohne weiteres aus der manipulativen Tatausführung.

Steuerlicher Haftungsbescheid und Steuerhinterziehung

Für Steuern kann durch Haftungsbescheid in Haftung genommen werden, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt (vgl. §§ 191, 71, 370 AO).

Das VG Magdeburg weist in einer Entscheidung vom 25.05.2017 – 2 A 373/15 – darauf hin, dass die Verwaltung, die den Haftungsbescheid erlässt, eine Steuerhinterziehung ohne Bindung an strafrechtliche Ermittlungen der Steuerfahndung eigenständig zu ermitteln hat.

Will sich, so das Gericht, die erlassende Stelle die Ergebnisse der Steuerfahndung zu eigen machen, muss sie die vorhandenen Strafakten prüfen und dortigen Feststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht übernehmen. Der Verweis auf einen Steuerfahndungsbericht, wie in der Praxis häufig, reicht hierfür nicht aus.

Panama Papers

Warum wurden ausgerechnet in Panama so viele Briefkastenfirmen gegründet? Dies hat zunächst einmal damit zu tun, dass Panama jedenfalls in der Vergangenheit mit dem Ausland in Steuerangelegenheiten kaum kooperierte. Außerdem hat Panama ein Territorial-Steuersystem. Panama besteuert also nur Einkünfte, die innerhalb des eigenen Landes erzielt werden. Daher werden Einkünfte aus Hochsteuerländern auf Briefkastenfirmen in Panama gelenkt, die dort nicht versteuert werden müssen.

Wie schwer es ist, damit im Zusammenhang stehende Steuerhinterziehungen aufzuklären, zeigen umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen in Deutschland am 15.05.2019 bei deutschen Banken, Steuerberatern und vermögenden Privatpersonen. Die Panama Papers waren bereits vor drei Jahren veröffentlicht worden. 2017 hatte das BKA daraus Daten angekauft. Erst jetzt finden die Durchsuchungen statt, die auch zeigen, dass die Ermittlungen wohl im Wesentlichen im Inland geführt werden müssen.

Selbstanzeige und Umsatzsteuerhinterziehung

Seit 28.04.2011 ist die Selbstanzeige, die bei Steuerhinterziehung zur Straflosigkeit führen kann, in ihren Voraussetzungen erheblich verschärft worden. Grundsätzlich muss für eine wirksame Selbstanzeige eine „umfassende Rückkehr in die Steuerehrlichkeit“ erfolgen. Das bedeutet, dass im Regelfall Korrekturen zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen müssen (§ 371 Abs. 1 AO).

In der Praxis kommt es sehr häufig vor, dass falsche USt – Voranmeldungen durch wahrheitsgemäße USt – Jahreserklärungen berichtigt werden. Insoweit war es jahrzehntelange Praxis, dass die berichtigte Jahreserklärung von der Finanzverwaltung jedenfalls als strafbefreiende Selbstanzeige angesehen wurde, ohne dass geprüft wurde, ob die falsche Voranmeldung vorsätzlich falsch – dann Steuerhinterziehung – oder leichtfertig falsch – dann leichtfertige Steuerverkürzung – abgegeben worden war. Entsprechend wurde verfahren, wenn keine Voranmeldung, dafür aber sogleich eine Jahreserklärung abgegeben wurde. Das verschärfte Recht erschwerte den Unternehmen die Berichtigung in der Jahreserklärung jedoch unzumutbar, denn wegen des langen Zeitraumes der erforderlichen Korrekturen musste nach zehn Jahre zurückliegenden Steuersünden gefahndet werden, bevor die berichtigte Jahreserklärung als wirksame Selbstanzeige abgegeben werden konnte. Viele Steuerpflichtige trauten sich erkannte Fehler nun nicht mehr zu berichtigen.

Daher hat der Gesetzgeber ab 01.01.2015 den § 371 Abs. 2 a AO eingeführt, der die Anforderungen für eine wirksame Selbstanzeige im Bereich der Umsatzsteuer absenkt. Danach bleibt es möglich, dass eine wahrheitsgemäße USt – Jahreserklärung im Verhältnis zu den zuvor unterlassenen oder unzutreffenden Voranmeldungen eine wirksame Selbstanzeige ist. Der BGH stellt jedoch in einer Entscheidung vom 20.11.2018 -1 StR 349/18 – klar, dass die Jahreserklärung keine wirksame Selbstanzeige ist, wenn die Erklärung selbst wieder neue Unrichtigkeiten enthält.

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist in der Umsatzsteuer, jedenfalls bei der Jahreserklärung, sorgfältig zu arbeiten.

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Selbstgeldwäsche kann strafbar sein!

Grundsätzlich macht sich wegen Geldwäsche nicht strafbar, wer selbst an der Tat beteiligt war, aus der der inkriminierte Gegenstand herrührt. Bsp.: Wer eine Bank überfällt, macht sich nicht auch noch wegen Geldwäsche strafbar, wenn er seine Beute versteckt (§ 261 Abs. 9 S. 2 StGB). Die Selbstgeldwäsche ist jedoch strafbar, wenn der Täter einen inkriminierten Gegenstand in den (Geschäfts-) Verkehr bringt und dabei die rechtswidrige Herkunft des Gegenstandes verschleiert. Der BGH 5 StR 234/18 hat mit Beschluss vom 27. November 2018 diese Voraussetzungen als erfüllt angesehen in einem Fall, in dem der Täter Einzahlungen und Überweisungen veranlasste auf das Bankkonto eines Dritten, auf das er mit einer Kontovollmacht uneingeschränkten Zugriff hatte.