Steuerhinterziehung und Ausschluss als Gesellschafter

Das Oberlandesgericht in Schleswig-Holstein hatte mit Urteil vom 17.09.2024 – 9U 84/23 – über wechselseitige Ausschlussklagen zweier Gesellschafter einer KG zu entscheiden. Der Komplementär gewann mit seiner Ausschlussklage und der Kommanditist verlor mit seiner Widerklage.

Der unterlegene Kommanditist hatte dem obsiegenden geschäftsführenden Komplementär vorgeworfen Tippgeberprovisionen schwarz gezahlt und bei der Gesellschaft verschleiert zu haben.

Die Mitteilung des Vorwurfes der Steuerhinterziehung an Geschäftspartner warf das Gericht zunächst einmal dem Komplementär als eigene Treuepflichtverletzung vor. Steuerhinterziehungen, so das Gericht, beeinträchtigten den guten Ruf der Gesellschaft schwer. Der Vorwurf hätte zunächst einmal gesellschaftsintern geklärt werden müssen, ggf. auch mit Hilfe von Gerichten, bevor mit den Vorwürfen an Geschäftspartner heranzutreten ist.

Sodann lies das Gericht offen, ob die – bestrittenen – Vorwürfe gegen den Komplementär zutrafen, denn die behauptete Pflichtverletzung stellten für sich keinen Angriff gegen die Person des Komplementärs dar, die eine weitere Zusammenarbeit mit ihm unzumutbar machen würde.

Der Fall weist Besonderheiten auf, die wir an dieser Stelle nicht vertiefen wollen. Er darf also nicht verallgemeinert werden. Er bietet aber insbesondere in Fällen, in denen einem geschäftsführenden Gesellschafter eine Steuerhinterziehung für die Gesellschaft vorgeworfen wird und nunmehr dieser Vorwurf zum Anlass für einen Gesellschafterausschluss genommen werden soll, gute Ansätze der Argumentation.

Zigarettenschmuggel – Besteuerung nur im Bestimmungsland

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit einer Entscheidung vom 04.10.2024 – C -214/24, „Hauptzollamt C“, nochmals betont, dass die Besteuerung von geschmuggelten Zigaretten, die durch mehrere Mitgliedschaften laufen und erst im Bestimmungsland entdeckt werden dort zu erfolgen hat.

Die Entscheidung ist von großer praktischer Bedeutung für Schmuggler, gegen die von den Zollverwaltungen des Ursprungslandes oder eines Durchführungsstaates ermittelt wird. Werden dort etwa Vermögenswerte beschlagnahmt, können sie nicht dazu verwendet werden mit inländischer Tabaksteuer verrechnet zu werden, denn die ist nicht entstanden!

Strohleute und Gehilfenvorsatz

Das Landgericht in Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 25.04.2024 – 18 KLs 502 Js 2487/21 – klargestellt, dass der bloße Umstand, dass eine Strohperson in einer Einzelfirma auftritt nicht dazu führt, dass ihr unterstellt werden kann, sie habe billigend in Kauf genommen, dass der tatsächlich operativ Handelnde seinen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkomme.

Die Feststellungen, so das Gericht, zur subjektiven Tatseite „sind auf eine belastbare Tatsachengrundlage zu stützen und dürfen nicht in Spekulationen über die innere Tatseite verharren.“

Das sind goldene Worte des Landgerichts. Die Praxis unterstellt viel zu häufig einen Steuerhinterziehungsvorsatz bzw. einen Vorsatz, Sozialversicherungsbeiträge zu unterziehen, wenn der Hintermann solche Taten begangen hat. Strohleute haben oftmals gerade kein Interesse daran, für Straftaten missbraucht zu werden, weil sie nach deren Aufdeckung regelmäßig ruinösen Schadensersatzanforderungen ausgesetzt sind.

Einziehung-Einstellung der Vollstreckung

Die Vollstreckung von strafgerichtlichen Einziehungsverfügungen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, kann unterbleiben, wenn sie unverhältnismäßig ist (§ 459g Abs. 5 StPO).

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 06.08.2024 -12 Kls 505 Js 871/18- entschieden, dass hierfür nicht die bloße Entreicherung genügt.

Es müsse etwa hinzukommen, dass der Einziehungsadressat das Erlangte schicksalhaft und schuldlos verloren habe (siehe BT-Drs. 19/27654, S. 112).

Untreue und Einkommensteuer

Der Fremdgeschäftsführer einer Gesellschaft hatte den Einkäufer eines Großkunden der Gesellschaft bestochen. Das Bestechungsgeld ging vom Konto der Gesellschaft ab. Die Hälfte der Bestechungssumme lies der bestochene Einkäufer dem Geschäftsführer selbst, also nicht der Gesellschaft, wieder zukommen. Das Verhalten des Geschäftsführers war zweifellos Untreue gegenüber seiner Gesellschaft. Das Finanzamt argumentierte, dass die Teilrückzahlung der Bestechungssumme Entgelt für deren Überlassung an den Einkäufer gewesen und damit einkommensteuerbar sei (siehe § 22 Nr. 3 EStG).

Dem widersprach das Finanzgericht Schleswig-Holstein in einem Urteil vom 02.05.2024 – 4K 84/23 -. Zuflüsse aus veruntreutem Vermögen seien jedoch nicht einkommensteuerbar. Es könne keinen Unterschied machen, ob sich der Geschäftsführer und der Einkäufer die „Beute“ sogleich teilten oder aber mittels einer Rückzahlung.

Nebenbei bemerkt: das Bestechungsgeld, dass bei dem Einkäufer verblieb ist demgegenüber einkommensteuerbar.

„Ohne – Rechnung – Abrede“ von Amts wegen zu berücksichtigen

Das OLG Hamm (Urteil vom 6. März 2024 – I-12 U 127/22 –) hatte in einem Zivilprozess zu entscheiden, in dem die Parteien über einen Vertrag über Gartenarbeiten stritten. Obwohl beide Seiten bestritten, dass sie eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ getroffen hatten, war das Gericht davon überzeugt, dass das sehr wohl der Fall war. Solche Vereinbarungen führen nach dem Schwarzarbeitsgesetz zur Nichtigkeit zivilrechtlicher Verträge. Das berücksichtigte das Gericht von Amts wegen, wie gesagt gegen den übereinstimmenden Vortrag der Parteien.

Alte Kassen und Schätzung

In der Praxis kommen nach wie vor alte Ladenkassen zum Einsatz, die objektiv manipulierbar sind. Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 28. November 2023 – X R 3/22 – klargestellt, dass der bloße Umstand, dass der Steuerpflichtige eine objektiv manipulierbare Altkasse benutzt nicht dazu führen darf, dass Einnahmen hinzugeschätzt werden dürfen. Unter folgenden Voraussetzungen sieht das Gericht den Einsatz einer objektiv manipulierbaren Kasse als geringfügigen formellen Mangel an, der an einer Schätzung hindert:

Die Kasse entsprach im Vertriebszeitraums den damaligen steuerrechtlichen Anforderungen;

Die Nutzung des Kassenmodells wurde vom Finanzamt bisher nicht beanstandet;

Das Kassenmodell ist nennenswert verbreitet;

Es spricht im Einzelfall eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit gegen eine Manipulation der Kasse.

Zwar sind in Zukunft Streitereien mit den Betriebsprüfern insbesondere wegen der letzten Voraussetzung voraussehbar, aber letztlich ist die Entscheidung für die Steuerpflichtigen günstig. Mit ihr sollte in einschlägigen Fällen argumentiert werden.

Immobilienkauf und Schwarzgeldabrede

Immer wieder kommt es vor, dass beim Kauf von Immobilien gegenüber dem Notar von den Vertragsparteien ein zu niedriger Kaufpreis angegeben wird. Die Differenz zum tatsächlich vereinbarten Kaufpreis wird in bar „schwarz“ bezahlt.

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 15.03.2024 klargestellt, dass eine Schwarzgeldabrede bei einem Immobilienkauf im Regelfall nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt. Der notarielle Vertrag ist zwar als Scheingeschäft nichtig und der mündliche Vertrag ist zunächst einmal mangels notarieller Beurkundung formnichtig, aber der Formmangel kann durch Auflassung und Eintragung des Erwerbers im Grundbuch geheilt werden (vgl. §§ 117, 311 b BGB).

Die Schwarzgeldabrede an sich macht den Vertrag, so der Bundesgerichtshof, nur dann nichtig, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht der hauptsächliche Zweck des Immobilienkauf ist, was in der Regel nicht der Fall sein wird, wenn es den Parteien ernsthaft um die Übertragung des Grundstückes gegen Zahlung eines Kaufpreises geht.

Seit 01.04.2023 gilt ein Barzahlungsverbot bei Immobiliengeschäften (§ 16 a GwG). Inwieweit diese Vorschrift künftig Einfluss auf die Wirksamkeit solcher Verträge nehmen wird, musste der Bundesgerichtshof nicht entscheiden, weil die Vorschrift im Zeitpunkt des von ihm zu beurteilenden Falles noch nicht galt. Wir dürfen auf die künftige Entwicklung gespannt sein.

Arbeitgeber in Scheinverhältnissen

Der Bundesgerichtshof in Strafsachen grenzt in einem Beschluss vom 30.11.2023 – 3 StR 192/18 -die Arbeitnehmerüberlassung von der Arbeitsvermittlung dahin ab, dass der Verleiher über die rein formale Arbeitgeberstellung hinaus die üblichen Arbeitgeberpflichten und das Arbeitgeberrisiko übernimmt. Es reicht also nicht den Arbeitnehmer nur formal auf den eigenen Namen anzumelden.

Diese Überlegungen bieten Verteidigungsansätze auch in anderen Zusammenhängen, in denen Scheinkonstruktionen aufgebaut sind, etwa im Bereich der sog. Servicefirmen, die Scheinrechnungen verkaufen. Hier sind nicht selten Arbeitnehmer bei den Scheinfirmen formal gemeldet, arbeiten allerdings wie Arbeitnehmer tatsächlich für die Rechnungsempfänger und/oder Kolonnenführer.

Wohl bemerkt gelten die vorgenannten Überlegungen nur für das Strafrecht.

Geldwäsche und Internetpranger

Bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen, die wegen Verstößen gegen das Geldwäschegesetz verhängt wurden, sind gemäß § 57 GwG auf einer hierfür vorgesehenen Internetseite von der zuständigen Behörde zu veröffentlichen.

Dieser Internetpranger kann für betroffene Personen existenzgefährdend sein, etwa für Unternehmen, die mit Luxusgütern handeln. Das VG Ansbach (Beschluss vom 12.5.2023 – AN 4 E 23.697 -) hatte sich im einstweiligen Rechtsschutz mit dieser Vorschrift zu befassen. Das Gericht zweifelt die Vereinbarkeit der Regelung mit Grundrechten an, lässt die Frage jedoch einstweilen dahinstehen, weil die Vorschrift auch die Möglichkeit einer im Hinblick auf den Betroffenen anonymisierten Veröffentlichung vorsieht.

Betroffene sollten sich also gegen eine Veröffentlichung wehren oder zumindest versuchen, eine anonymisierte Veröffentlichung zu erreichen.

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